Ironman European Championchip - Hitzeschlacht in Frankfurt - Bericht (von Steffi)

Als "Hitzeschlacht" kann man das, was wir am 5. Juli erleben durften tatsächlich bezeichnen. Und es ist erstaunlich was der menschliche Körper zu leisten im Stande ist. Dieses Rennen war eine absolute Herausforderung für die Physis und die Psyche und wird als heißester Ironman in Frankfurt in die Geschichte eingehen.

Als Triathlet ist man in den 14 Tagen vor dem Wettkampf Sklave des Wetterberichts. Es werden sämtliche Handyapps, Fernsehkanäle und Websites begutachtet, wie sich das Wetter und die Temperaturen wohl entwickeln würden. Auch ich habe dies natürlich getan und noch 2 Wochen vor dem Ironman sahen die Vorhersagen mit 29-30 Grad recht vielversprechend aus. Doch dann gingen die Temperaturen täglich nach oben und pendelten sich schließlich bei 36-40 Grad ein. Somit war klar, das wird ein Rennen im absoluten Ausnahmezustand und meine vorher zurecht gelegte Zeit von unter 12 Stunden könnte ich getrost begraben. 7 Monate Vorbreitung für die Katz? Wer weiss ....

Nicht antreten war keine Option und ein Telefonat am Montag der Rennwoche mit meinem Coach schuf auch noch mal etwas mehr Klarheit. Bestzeit war kein Thema mehr, sondern vor allem gut verpflegen und gesund ankommen, man könnte es auch Überleben nennen. Nachdem ich meinen Sohnemann zu Oma gebracht hatte und mich an der Ostsee bei angenehmen 25 Grad langsam an die Wärme gewöhnen konnte, ging es am Donnerstag dann nach Frankfurt. Dort dachte ich erstmal ich laufe gegen eine Wand, als ich bei 36 Grad drückender Hitze aus dem Auto ausstieg und fast erschlagen wurde. Ich hatte es mir heiß vorgestellt, aber das?! Und es wurde ja noch wärmer.... So langsam wurden die Zweifel immer größer, ob es eine gute Idee war, sowas zu machen. Ich habe selten in den Tagen vor einem Wettkampf so viel getrunken, salzige Nussmischungen gegessen, so oft geduscht und mich umgezogen, wie vor dem Ironman in Frankfurt.

Nachmittags trafen wir uns dann am Römer und fingen an die Atmosphäre aufzusaugen. Unweit vom Ziel ist die WZ2, wo sich auch die Expo befindet und wir die Startunterlagen abholen konnten. Unser Coach schwor uns auch hier noch mal darauf ein, dass wir viel trinken sollten, Salz zu uns nehmen und alles an Abkühlungsmöglichkeiten nutzen sollten, die es auf der Strecke gibt. Ich selber habe mir noch ein weißes Shirt zugelegt, dass ich während des Wettkampfes immer feucht hielt, um für Kühlung zu sorgen.

Von Seiten des Veranstalters kann ich nur sagen, dass hervorragend reagiert wurde und die Athleten sowohl in der Wettkampfbesprechung als auch per Email noch mal mit Tipps und Tricks versorgt wurden, um dieses Hitzerennen so gut es geht zu überstehen. Dennoch sind noch nie so viele Triathleten in Frankfurt gar nicht erst an den Start gegangen oder haben das Rennen vorzeitig beendet. Gerade mal gute 2000 Teilnehmer ( von über 3000 ) sind ins Ziel gekommen. Allein daran sieht man schon, dass dies nichts für schwache Nerven gewesen ist oder wie es auf einem Plakat am Streckenrand stand: "Wir sind ja nicht bei Muschiman".

Samstag Nachmittag ließ ich noch von einer Freundin, die Physio ist, meine Schulter behandeln, bevor es zum Rad Check-In ging. Alles musste relativ schnell gehen, da wir uns nicht lange in der Sonne aufhalten wollten und das Thermometer mitlerweile auch die 40 Grad Marke erreicht hatte. Abends dann lecker Nudeln und um halb 11 ins Bett. Wobei ich mir das auch hätte sparen können. Das erste Mal einschlafen konnte ich um Mitternacht, war aber nach 1 Stunde wieder wach. Insgesamt belief sich der Schlaf in der Nacht auf 2 Stunden. Trotzdem war ich beim Aufstehen um 3:30Uhr einigermaßen fit und wach und konnte und wollte das Projekt angehen.

Am Langener Waldsee angekommen, bereitete ich dann noch in Ruhe das Rad vor, zog den Swimsuit an ( Neo war bei 27 Grad Wassertemperatur verboten ) und machte mich auf zum Einschwimmen. Unglaublich wie warm das Wasser war. Selbst um die Uhrzeit war es keine Erfrischung. Die Atmosphäre war gigantisch und es waren tausende Zuschauer vor Ort. Die Startboxen füllten sich so langsam und ich wagte einen Blick zurück in die große Box, in der 2000 Triathleten auf ihren Start warteten. Ein unglaublicher Anblick, der auch ein wenig Angst machte. Zum Glück durfte ich bereits um 6:50 Uhr in einer Gruppe mit 450 Teilnehmern starten, 10 Minuten vor dem großen Trubel.

Die erste, kürzere Runde, verlief dann auch recht ruhig und reibungslos. Es war wirklich entspanntes Schwimmen, mit wenig Berührungen und jeder Menge Platz angesagt. Nur die Beine mussten natürlich deutlich mehr arbeiten und das spürte ich dann schon im Wasser und versuchte von Zeit zu Zeit die Beine etwas zu schonen. Denn die harten Abschnitte kamen ja erst noch. Kurz vor dem Landgang bei KM 1,7 kamen schon die ersten Schwimmer aus der schnellen Gruppe. Leider wurden diese auf der zweiten Runde dann immer mehr und teilweise fielen sie über uns her wie Heuschrecken. Dann ging es ordentlich zur Sache und mein Rhythmus war vollkommen dahin. Ich wurde so dermaßen oft geschlagen und getreten, dass ich mich mit Mühe und Not über Wasser halten konnte. Kurzzeitig kam dann Panik bei mir auf, als mir ein Schwimmer die Brille vom Gesicht schlug und kurz danach ein anderer Schwimmer mir absichtlich ins Gesicht trat. Ich hatte Glück, dass nichts Schlimmeres passiert ist, aber ich habe auch noch zwei Tage nach dem Rennen Kiefer-und Zahnschmerzen gehabt. Definitiv war das Schwimmen im Nachhinein betrachtet eine riesige Herausforderung und ich werde sehen, ob ich mich im nächsten Jahr noch mal für die erste Startwelle bewerben werden.

Beim Schwimmaußstieg stand trotz allem eine Zeit von 1:21 auf der Uhr, womit ich rundherum zufrieden war. Der Weg ins Wechselzelt ist lang und beschwerlich und der Puls gefühlt bei 180. Aber egal, nach weiteren 6 Minuten saß ich auf dem Rad und konnte erstmal durchatmen. Ab dann hieß es viel trinken, jede Stunde 1 Salzkapsel und essen. Wie auch im letzten Jahr in Roth hatte ich mir wieder Kartoffeln gekocht und futterte diese mundgerecht am Stück vor mich hin. Eine willkommene Abwechslung zu dem ganzen süßen Kram, denn vor dem Wechsel zum Laufen konnte ich schon kein Isogetränk mehr sehen und bekam dieses nur noch widerwillig runter.

Das Radfahren lief besonders auf der ersten Runde gut. Ein 32er Schnitt, bei noch nicht ganz so heißen Temperaturen sind durchaus zufriedenstellend. Ich bin die Radstrecke im Vorfeld oft genug abgefahren und wußste was mich erwartet, daher gab es keine bösen Überraschungen bei Anstiegen, Abfahrten oder dem Kopfsteinpflaster. In Runde zwei musste ich dann etwas Federn lassen und der Schnitt ging nach unten. Ich hatte ab Kilometer 130 aber auch das Gefühl auf dem Rad gebraten zu werden. Mit dem Kühlen kam ich kaum hinterher, so schnell waren die Sachen wieder trocken. 2 Dixiestopps und einmal Halten wegen technischer Panne, aber ansonsten lief es rund und am Ende Stand eine Zeit von knapp unter 6h auf der Uhr.

Sehr zufrieden und euphorisiert stieg ich vom Rad, wo mich dann auch schon mein Coach empfing. Kurz umarmt, mir noch mit auf den Weg gegeben, daß ich locker und langsam loslaufen soll und ab ins Wechselzelt. Hier musste ich nur die Schuhe wechseln und somit war ich nach weniger als 2 Minuten auch schon wieder raus. Am Streckenrand standen dann diverse Freunde, die angefeuert, Fotos und vor allem Mut gemacht haben.

Die erste Runde ging noch einigermaßen flüssig, aber dann musste ich der Hitze Tribut zollen und legte an jeder Verpflegungsstelle Gehpausen ein, um mich auszuruhen und abzukühlen. Bald kamen dann auch die Gehpausen an der Brücken dazu und ab Halbmarathon kehrte sich das Bild um und ich war mehr am Gehen als am Laufen. Bei dem Tempo rechnete ich dann mit einer Zielzeit von knapp über 13 Stunden, womit ich aber immer noch zufrieden sein konnte. 2 Abstecher aufs Dixie sowie ein Besuch im Sanizelt wegen geschwollener Hände bedeuteten weiteren Zeitverlust. Je näher dann aber das Ziel rückte und ich mich meinem 4. Bändchen näherte, um so öfter konnte ich auch mal wieder ein paar Laufmeter einlegen, unterbrochen dann von schnellem Walking. Irgendwann dämmerte es mir dann, daßs ich eventuell doch die Zeit aus dem Vorjahr knacken könnte und spätestens 3 Kilometer vor dem Ziel mit dem roten Bändchen am Arm, fühlte ich mich wieder etwas beflügelt und lief dem Ziel entgegen.

Viel weiß ich von dem Zieleinlauf nicht mehr. Ich war zu kaputt, zu geflashed von der Kulisse und meinem Coach, der schon mit der Medaille hinter der Ziellinie auf mich wartete. Es war einfach nur unglaublich schön und so befreiend, endlich angekommen zu sein und bei diesen Temperaturen durchgehalten zu haben. Scheiß auf die schlechte Marathonzeit, denn am Ende stand mit 12:29:38 eine um 10 Minuten verbesserte Zeit auf der Uhr als im Vorjahr. Ich bin überglücklich und hoch zufrieden, würde mir aber für meine 3.te Langdistanz mal "normale" Bedingungen wünschen.

Fazit: Frankfurt kann was und auch wenn hier immer alle von Roth sprechen, mußs ich sagen, daß es mir in der Mainmetropole noch mal besser gefallen hat. Daher habe ich mich auch direkt am nächsten Tag vor Ort wieder angemeldet. Ich hatte tatsächlich Spaß, auch wenn es mit das Härteste war, dass ich je erlebt habe. Die Organisation ist toll, die Zuschauer fantastisch und die Unterstützung grandios.